Bericht aus „Der Teckbote“ vom 24.08.2011
Wenn Mäuse ihren Schrecken verlieren
Der PC und seine Tücken – davon können auch Lenninger Senioren ein Lied singen. Um der elektronischen Wundertüte auf die Schliche zu kommen, nahmen sie „Nachhilfeunterricht“ bei den Schülern der Realschule Lenningen.
In Reih‘ und Glied stehen die Computer im Klassenzimmer, doch statt der Schüler sitzen ältere Semester vor den Bildschirmen und schauen leicht ratlos auf die grafischen Darstellungen, die sich vor ihnen aufbauen. „Wie erstelle ich einen Ordner?“ „Wie kommen meine Bilder vom Fotoapparat in den Computer?“ „Wie schreibe ich einen Brief?“ Diesen und weiteren Fragen hören die Schüler der achten Klassenstufe geduldig zu, haken nach und erklären schließlich die Lösung des Problems – vertauschte Rollen sozusagen, denn die Jüngeren erklären den Älteren wie das so geht mit Windows, Outlook und Co.
„Dialog der Generationen“ lautet denn auch passend der Titel eines kurzen, informativen Films von Karl-Heinz Kosmalla über das Projekt „PC-Treff für Senioren – Generationsübergreifende Kooperation zwischen der Realschule Lenningen und dem Lenninger Netz“. Dabei haben Jung und Alt ein gemeinsames Ziel: Spaß am PC haben und ihn im Alltag nutzen können.
„Ich möchte meine Scheu und Angst vor der modernen Technik verlieren“, nennt eine Teilnehmerin als Motivation, an diesem Kurs teilzunehmen. Viele Dinge verlangen die Aufmerksamkeit der Lernwilligen, denn nicht jeder hat sein Berufsleben im Büro verbracht und beherrscht das Zehnfingersystem perfekt. Auf der Tastatur wollen die Buchstaben und Zeichen im ein oder andern Fall erst einmal gefunden werden. Auch scheinen bei den zwei Generationen verschiedene Ansichten über Altersbestimmung zu bestehen. Auf die Frage, wie alt der Computer sei, bekommt der Schüler prompt die Antwort: „Neuer Rechner.“ Ein ungläubiger Blick begleitet die Nachfrage des Schülers, seit wann die Teilnehmerin denn den Rechner habe. Das hilft dem jungen Computerfachmann offenbar bei der Problemfindung weiter, denn so erfährt er, dass das gute Stück immerhin schon zwei Jahre alt ist und wohl ein anderes Betriebssystem besitzt.
An die neuen Begriffe müssen sich die Senioren teilweise ebenfalls erst gewöhnen. „Dazu klickt man die rechte Maustaste an“, sagt eine Schülerin. „Draufdrücken und rüberziehen – Jetzt loslasssen“, lauten die nächsten Anweisungen – und dann ist irgendwann zur Freude aller Beteiligten der neue Ordner mit Namen versehen erstellt. „Wir können froh sein, dass wir die Schüler haben“, freut sich ein Seniorteilnehmer über das Kursangebot an der Realschule und ist wie alle andern auch, konzentriert bei der Sache.
Mit von der Partie ist auch Werner Schulmeyer vom Lenninger Netz. Er hat sich bereits mit dem neuen Kommunikationsmittel angefreundet und erklärt seiner Generation an der Tafel, wie sich eine E-Mail-Adresse zusammensetzt. Wer mit den weit entfernt wohnenden Enkeln in regelmäßigem Kontakt bleiben will, hat mit der elektronischen Post viele Möglichkeiten dazu, sei es, um nur kurz einmal Hallo zu sagen oder Bilder vom letzten Urlaub via Datenleitung zu schicken. Vermittelt wurden in dem Kurs auch die wichtigsten Funktionen des Betriebsystems. Außerdem ging es um Themen wie Suchmaschinen, soziale Netzwerke, aber auch die Gefahren und Risiken. „Uns ist es ein wichtiges Anliegen, für die stark wachsende Generation der älteren Menschen Angebote für lebenslanges Lernen bereitzuhalten“, erklärt Werner Schulmeyer. Gerade das Internet biete ein enormes Potenzial, die Teilhabe älterer Menschen an der gesellschaftlichen Entwicklung nachhaltig zu sichern.
Verantwortlich vonseiten der Schule mit dabei ist Lehrer Rainer Dedlmar. Er hält sich meist im Hintergrund und lässt die Schüler die Verantwortung übernehmen. Die verfolgen neben der Vermittlung von PC-Wissen ein weiteres Ziel: Die Kursgebühr der Senioren kommt Schülern in Nigeria zugute. Im Rahmen des in Klasse acht angesiedelten Fachs WVR – themenorientiertes Projekt Wirtschaften, Verwalten und Recht – unterstützen die Lenninger Realschüler das Village Pioneer Project (VPP) von Olatunji Akomolafe. Dabei handelt es sich um eine private Initiative, die seit 1986 in Westafrika ein Ausbildungs- und Schulungszentrum für ökologische Landwirtschaft betreibt.
Das Fazit einer Teilnehmerin zum Kurs fällt eindeutig aus: „Mir haben die Schüler die Angst vor der Technik genommen. Ich bin nicht perfekt, aber ich traue mich jetzt, etwas am Computer auszuprobieren“, erklärt sie und spricht den Schülerinnen und Schülern ein großes Lob für ihre große Geduld aus.