Im Sommer 2016 werden die ersten Schülerinnen und Schüler des bilingualen Zuges der Realschule Lenningen ihre Mittlere Reife ablegen. Über dessen Wirksamkeit zeichnet sich bei allen Beteiligten ein einhelliges Bild ab.
Der bilinguale Unterricht hat eine lange Tradition in Lenningen. Als eine der ersten Realschulen wurden Module im Fach Geographie in englischer Sprache angeboten, bevor man 2010 als Pioniere gar einen bilingualen Zug einrichtete. Seitdem werden in einer von drei Klassen die Fächer EWG und Geschichte überwiegend in der Fremdsprache Englisch gelehrt. Dies bedeutet für die Kinder mehr Schulstunden auf dem Stundenplan und auch einen Mehraufwand zu Hause. Die Vokabeln müssen gefestigt sowie mancher Text nochmals aufgearbeitet werden, denn fachliche Inhalte sollen nicht verloren gehen. „Ein gewisses Talent, Disziplin sowie die Bereitschaft sich über das normale Maß hinaus einzusetzen sind Grundvoraussetzungen – ohne diese Elemente wird es schwer“, sagt Alexander Tomisch. Der Lehrer für EWG und Geschichte hat bereits im Studium und als Lehramtsanwärter alle Bili-Zusatzqualifikationen erworben und ist auf die spezielle didaktische Situation vorbereitet. „Obwohl zunächst behutsam eingestiegen wird, findet dennoch sukzessive ein Ausbau des fremdsprachlichen Anteils statt. Wer sich hier nicht anstrengt, läuft Gefahr den Anschluss zu verlieren.“
Jedes Jahr stellen sich die Schülerinnen und Schüler einer ganzen Klasse diesen Herausforderungen: Der bilinguale Zug genießt zwischenzeitlich eine große Akzeptanz in Lenningen und Umgebung. „Wir sind sehr stolz auf unser bilinguales Profil“, erklärt die Rektorin Dunja Salzgeber. „Und auch die Eltern haben dieses Angebot schätzen gelernt. Es verhindert eine Überforderung am Gymnasium, übersteigt aber die Ansprüche der Realschule deutlich. Es ist in der Tat eine Art Realschule mit Mehrwert.“ Das bilinguale Konzept ist für die Schülerinnen und Schüler eine massive Erweiterung fremdsprachlicher Kompetenz.
Für Sulejman Ljubijankic wurde das Versprechen eingelöst. Der ehemalige Schüler der Realschule Lenningen besucht heute eine weiterführende Schule mit dem Schwerpunkt Fremdsprachen, war einer der Ersten die es wagten und sieht sich in seiner Entscheidung bestätigt. „Durch den bilingualen Unterricht habe ich nun große Vorteile. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Auch Eltern bleiben die Vorzüge nicht verborgen. Sichtlich begeistert erläutert Hanna Bauder, dass sie im Juli den Sohn eines befreundeten Ehepaares aus den USA für einen Monat aufnahm und so Englisch in der Familie zur lingua franca wurde. Während sich ihre beiden älteren Kinder, die beide ein Gymnasium besuchen, nur zögerlich an den Gast herantrauten, war sie überrascht, mit welcher Leichtigkeit sich ihr Jüngster, der die neunte Klasse des bilingualen Zuges besucht, ans Werk machte. „Diese Unerschrockenheit über wirklich alles in Englisch zu sprechen war wirklich begeisternd. Und ich schreibe dieses Selbstbewusstsein und die Kommunikationsfähigkeit größtenteils dem bilingualen Lernen zu.“ Auch von offizieller Seite wird der Realschule eine gute Arbeit bescheinigt. Schulrätin Verena Dutschk verfolgte die Entwicklung in den letzten Jahren regelmäßig und zeigt sich überzeugt: „Es war ein erklärtes Ziel auch schwierige Themen komplett in der Zielsprache Englisch abzuhandeln, ohne Abstriche bei der Fachlichkeit zu machen – dies wird in Lenningen umgesetzt. Die Schülerinnen und Schüler haben ein beeindruckendes Niveau erreicht.“
„Natürlich war für uns von größtem Interesse, wie die jetzige Abschlussklasse die vergangenen Jahre erlebt hat,“ erläutert Lehrerin Carmen Stöferle, die sich bereits im Studium wissenschaftlich mit dem bilingualen Lehren und Lernen befasst hat. Über einen anonymen Fragebogen konnten sich die Schülerinnen und Schüler nun erstmals Luft machen. „Die Jugendlichen sehen den höheren Aufwand und bringen dies auch zum Ausdruck. Dennoch sind Sie sich auch über die Vorteile im Klaren, weshalb es zu weitestgehend positiven Ergebnissen kam: 55 % der Schüler versprechen sich durch die besseren Sprachkenntnisse Vorteile im Arbeitsleben und 73 % der Schüler würden den Bili-Zug mit hoher Wahrscheinlichkeit oder sicher wieder besuchen. Gerade letzteres Ergebnis ist beeindruckend, wenn man sich vor Augen führt, dass es sich um 1,5 Unterrichtsstunden pro Woche über einem Zeitraum von sechs Schuljahren handelt.“ Das sich der zusätzliche Input auszahlt, erwies sich zuletzt bei der EuroKom-Prüfung. Bei der Leistungsmessung, in der die generelle Kommunikationsfähigkeit in der ersten Fremdsprache beurteilt wird und die bereits einen Teil der Abschlussprüfung darstellt, erbrachten die Schülerinnen und Schüler der bilingualen Klasse die erwarteten sehr positiven Leistungen.
Mit den gewonnenen Erkenntnissen wollen die Bili-Lehrer ihr Profil noch weiter verbessern. „Die entscheidenden Punkte sind Erfahrung und Leidenschaft. Diese können durch nichts ersetzt werden“, resümiert Tomisch über das Erfolgsrezept, hinzusetzend, „und von beidem gibt es in Lenningen reichlich.“